|
Navigation |
|
|
|
|
|
Physiotherapie Verfasst am: 12.01.2017, 01:01 |
|
Christiane Liebold-Eich
Physiotherapie beim Hund
Was vor einigen Jahren noch mehr oder weniger exotisch daherkam, hat in der letzten Zeit immer mehr Anhänger gefunden: physiotherapeutische Behandlungen beim Hund.
Manch einer mag darüber den Kopf schütteln. Wer jedoch als Mensch schon selbst einmal die Notwendigkeit oder auch den Genuss
der damit umschriebenen Behandlungsmethoden – und auch ihren Erfolg – kennen gelernt hat, wird darüber vielleicht anders denken.
Die Physiotherapie beim Hund umfasst, wie in der Humanmedizin auch, die unterschiedlichsten Behandlungsmethoden, also weitaus mehr als „nur“ eine Massage. Doch schon diese kann bei
erkrankten, nervösen oder älteren Tieren viel bewirken.
Vor allem die kalte Jahreszeit birgt viele Gefahren für Verletzungen am Bewegungsapparat
Wie bei uns Menschen auch, sollten wir freilich darauf achten, dass diejenigen , die solche Behandlungen durchführen, eine entsprechende Ausbildung haben.
Ein bisschen am Hund rumstreichen und -kneten reicht nämlich nicht aus. Auch muss der Therapeut über Kenntnisse der Anatomie, Physiologie und Pathologie der zu behandelnden Tierart verfügen. Nicht überall, wo „Physiotherapie“ drauf steht ist auch Physiotherapie drin. Wer als Mensch schon einmal falsch behandelt wurde, weiß, welch
schmerzhafte Folgen das haben kann.
Eine Physiotherapie kann und will auch niemals den Tierarzt ersetzen. Im Gegenteil: Je besser der Hunde-Physiotherapeut mit dem Tiermediziner zusammenarbeitet, desto eher kann dem betroffenen Hund geholfen werden.
Zu guter Letzt sind auch Kenntnisse des Hundeverhaltens und eventueller Rasse-Eigenschaften mehr als hilfreich. Und dann natürlich noch etwas, das man vielleicht nicht unbedingt lernen kann: Hundeverstand und Einfühlungsvermögen.
Inzwischen gibt es gute Ausbildungen der Tier-Physiotherapie und Verbände, bei denen man nach ausgebildeten Hunde-Physiotherapeuten in seiner Nähe fragen kann.
Nicht jeder Physiotherapeut wird jede mögliche Behandlungsart anbieten können oder wollen. So seien hier zunächst die wichtigsten Therapieformen und ihre Einsatzgebiete genannt.
Die Massage
Hunde, die unter chronischen Skeletterkrankungen bzw. Erkrankungen des Bewegungsapparates leiden, haben in den meisten Fällen auch Muskelverspannungen und -schmerzen. Auch ältere Tier leiden nicht selten unter schmerzhaften Bewegungsstörungen. Die Schädigung von Nerven kann ebenfalls zu Schmerzen führen.
Eine therapeutische Massage ist in all diesen Fällen mehr als nur entspannend. Ihr Hauptziel ist vielmehr die Schmerzlinderung oder Schmerzfreiheit, die wiederum zu einer Verbesserung der Bewegungsabläufe führt.
Eine Massage fördert die Durchblutung und führt zur Ausschwemmung von Schmerz auslösenden Stoffen im Körper.
Sie löst Muskelverspannungen und Verklebungen des Gewebes. Außerdem kann sie das Körpergefühl verbessern. Bei Nervenerkrankungen führen anregende Massagen zu einer Erhöhung der Muskelgrundspannung und somit zu einer positiven Nervenreizung. Massagen, die zur Entspannung dienen sollen, werden sanft und langsam durchgeführt.
Ferner können bestimmte Massagegriffe auch bei Atemwegserkrankungen eingesetzt werden. Nicht zuletzt kann auch so manchem Hund, der unter Angst oder Hyperaktivität leidet, durch entsprechende Entspannungstechniken geholfen werden.
Die wichtigsten Massagetechniken sind Streichungen, Knetungen, Reibungen, Rollungen, Schüttelungen, Klopfungen, Klatschungen und Vibrationen. Dabei ist deren Reihenfolge keineswegs beliebig sondern folgt einem auf das Tier abgestimmten Behandlungsrhythmus. Ergänzend können – auch vom Tierhalter selbst - zum Beispiel Bürsten-oder Igelballmassagen durchgeführt werden. Er sollte sich jedoch vom Hunde-Physiotherapeuten in die richtige Technik einweisen lassen.
So wie es für jede Behandlung Indikationen gibt, gibt es auch Kontraindikationen. Das gilt für die Massage genauso wie für alle anderen physiotherapeutischen Behandlungen. Im Rahmen dieses Artikels können sie nicht alle ausführlich beschrieben werden. So ist es durchaus möglich, dass für einige Behandlungsmethoden zusätzliche Gegenanzeigen bestehen!
Bei lokalen Entzündungen, bestimmten Tumoren, Fieber oder Infektionen, frischen Verletzungen von Muskeln, Bändern, Sehnen oder in Frakturgebieten darf nicht behandelt werden. Auch nach Operationen muss häufig eine Wartezeit von 6 – 12 Wochen eingehalten werden bzw. es darf nicht im Operationsgebiet „Hand angelegt“ werden.
Krankengymnastik
Man unterscheidet zwischen aktiver und passiver Krankengymnastik. Bei der passiven Krankengymnastik tut der Hund selbst nichts, alle Bewegungen werden vom Therapeuten ausgeführt. Passives Bewegen dient dazu, die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten und zu fördern, sei es bei degenerativen Gelenkerkrankungen, Dysplasien, bei Arthrosen, Rheuma, bei Lähmungen, nach Operationen und Traumata oder bei älteren Tieren. Die Krankengymnastik führt zur Anregung der Gelenkflüssigkeit und zu einer Verlangsamung des Muskelabbaus (Kontraindikationen wie bei der Massage und zusätzlich offene Wunden im Gelenkbereich).
Bei der aktiven Krankengymnastik arbeitet sozusagen der Hund. Der Physiotherapeut begleitet die diversen, an die Erkrankung angepassten Übungen, unterstützend.
Einfache Übungen können dem Tierhalter für die „Heimarbeit“ erläutert werden. Zur aktiven Krankengymnastik gehören zum Beispiel: Laufen im Kreis oder im Slalom, das Gehen über verschiedene Untergründe, bergauf und bergab oder rückwärts laufen, die Arbeit an Geräten, Schwimmen und Bewegungsbäder.
Das Training wird der Kondition des Tieres angepasst und abgebrochen sobald der Hund Schmerzen zeigt. Eine aktive Krankengymnastik kann erst dann durchgeführt werden, wenn der Hund voll belastet werden darf (Kontraindikationen siehe oben, Bewegungsbäder und Schwimmen eignen sich nicht für wasserscheue Hunde. Auch schwere Herzerkrankungen schließen einige Behandlungs- und Übungsmethoden aus).
Zusätzlich kann man mit dem Hund Stabilisierungsübungen absolvieren. Hier wird vom Therapeuten ein Widerstand aufgebaut, dem der Hund entgegenhalten muss.
Das Tier befindet sich dabei in unterschiedlichen Positionen. Niemals arbeitet man dabei ruckartig oder bricht den Widerstand des Tieres! Einige der Übungen können vom Tierhalter nach Einweisung auch zuhause durchgeführt werden.
Ziele der krankengymnastischen Übungen sind unter anderem: Verbesserung der Koordination, das Einüben von Belastungsphasen, der Muskelaufbau, die Schulung von Motorik und Gleichgewicht (Kontraindikationen siehe oben).
Manuelle Therapie
Die manuelle Therapie wird in erster Linie bei Gelenkproblemen eingesetzt. Dabei soll die normale Funktion des Gelenkes wieder hergestellt werden. Außerdem lassen sich Blockaden lösen und die Muskulatur dehnen.
Die Behandlungsmethoden sind der Zug, das Drehen und das Gleiten im Gelenk – eine Vorgehensweise, die i- mehr noch als andere - in die Hand ausgebildeter Therapeuten gehört (Kontraindikationen weitestgehend wie bereits beschrieben).
Lymphdrainage
Bei der Lymphdrainage wird mit sanftem Druck entlang der Lymphbahnen massiert. Es handelt sich dabei um eine sehr entspannende Behandlungsmethode, die in erster Linie schmerzlindernd ist. Sie wird auch bei Ödemen und Narbenverhärtungen eingesetzt. Bei Ekzemen und Herzinsuffizienz ist sie kontraindiziert, außerdem bei bösartigen Tumoren, Infektionen, Fieber und Entzündungen.
Weitere Behandlungsmethoden
Selbstverständlich gibt es noch eine Fülle anderer Behandlungsmethoden in der physiotherapeutischen Praxis für Hunde. Dazu gehören neurologische Behandlungen, Wärme- und Kälteanwendungen, Elektrotherapie, Magnetfeldtherapie, Gerätetraining, Packungen, Narbenbehandlungen, Atemtherapie, Dehnungen, Trainingstherapien, Übungen mit dem Gehwagen, Unterwasserlaufband, Unterwassermassage, Stangerbad und andere mehr.
Anwendungsgebiete
Auch die Anwendungsgebiete sind vielfältig: Skeletterkrankungen, degenerative Erkrankungen, rheumatische Erkankungen, Gelenkerkrankungen, neurologische Erkrankungen,
prä- und postoperative Therapien und die Behandlung älterer oder nervöser Hunde, um nur einige zu nennen.
Zum Abschluss
Am Ende bleiben natürlich die Fragen „was kostet der Spaß?“ und „wie und wo finde ich den richtigen Therapeuten?“.
Die Frage nach den Kosten lässt sich schwer beantworten. Die Honorare sind regional unterschiedlich. Außerdem kommt es natürlich darauf an, welche Behandlungen durchgeführt werden und wie viel Zeit sie in Anspruch nehmen. Selbstverständlich reicht es auch nicht, nur ein-oder zweimal mit seinem Hund zu einer Physiotherapie zu gehen. So bleibt Ihnen bei der Kostenfrage nur, sich bei Therapeuten in ihrer Umgebung zu erkundigen.
Ausgebildete Therapeuten finden Sie zum Beispiel beim „1. Verein für Hundephysiotherapeuten“ oder bei der „ 1. Deutschen Ausbildungsstätte für Hunde-Physiotherapie“, die unter anderem auch die Zeitschrift „Reich mir die Pfote“ herausgibt. Beide sind im Internet mit einer eigenen Homepage vertreten. Vielleicht kennt auch Ihr (aufgeschlossener) Tierarzt jemanden in Ihrer Nähe.
Für den Besuch bei einem Hunde-Physiotherapeuten ist die tierärztliche Diagnose ein wichtiges Kriterium. Außerdem sollte sich ein guter Therapeut ausreichend Zeit für den Anfangsbefund nehmen, welcher Grundlage für den Behandlungsplan ist. Dazu gehören u.a. eine sorgfältige Fallaufnahme sowie ein Sicht- und Tastbefund. Bei Nervenerkrankungen auch ein neurologischer und funktioneller Befund.
Einige Hunde-Physiotherapeuten bieten für Hundehalter auch Kurse über einfache, auch vom Laien durchzuführende Behandlungstechniken an. Bei schweren Erkrankungen oder nach Verletzungen und Operationen ist jedoch immer der Weg zum Fachmann/zur Fachfrau empfehlenswert. Eine richtig durchgeführte physiotherapeutische Behandlung jedenfalls kann in vielen Fällen zu einem mobileren, schmerzfreieren und somit besseren Hundeleben führen.
___________________________________________________________
Über die Autorin:
Christiane Liebold-Eich betreibt in Steinbergkirche eine
Praxis für Hundephysiotherapie, Tierpsychologie und Tierhomöopathie.
1996 bis heute:
Ausbildung und Abschlussprüfung Tierpsychologie Spezialisierung Hund/Pferd
Akademie für Tiernaturheilkunde AG
Ausbildung und Abschlussprüfung Tierhomöopathie ATN AG
Ausbildung und Abschlussprüfung Tierpsychologie Spezialisierung Katze ATN AG
Diverse Praktika in unterschiedlichen Bereichen, diverse Aus- und Fortbildungsseminare zu anderen naturheilkundlichen Verfahren und zu Tierverhalten
Informationsreisen in die USA
Nach zweijährigem beruflichen Aufenthalt in Bayern Eröffnung der Praxis in Steinbergkirche/Ostsee im Jahr 2002
2004 Ausbildung und Abschlussprüfung Hundephysiotherapeutin/Hundekrankengymnastin nach Blümchen/Wosslik an der "DAHP Nord" (Deutsche Ausbildungsstätte für Hundephysiotherapeuten)
Derzeit zwei eigene Hunde
Spezialisiert auf Hunde und Katzen
Mitglied im 1. Verein für Tierphysiotherapie e.V. |
|
|
|
|
|
|
|
|