Angelika vonderlerche Moderator
Alter: 66 Anmeldedatum: 06.01.2004 Beiträge: 7467 Wohnort oder Bundesland: NRW Solingen
Hunde der User: Dream of Abigale von der Lerche Little Lady Bonny vom Wildgarten Lady Michell vom Wildgarten +24,05,2008 Dressed for Glendence von der Lerche
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Verfasst am: 9.9.2004, 16:16 Titel: Wenn die Hunde kommen |
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RETTUNGSHUNDE / Die Duisburger Feuerwehr ist fit und bereit, überall auf der Welt ihre Hunde zum Einsatz zu bringen
Oh weh, wenn Dumbo kommt. Dann steckt die Spezies "Mensch" bereits in mitten eines Unglücks, aus dem nur ein Hund den Mensch noch holen kann. Selbst wenn der Mensch schon tot ist, zerschmettert unter Trümmern liegt, bleich im See treibt, ohne Herzschlag in der Weite des Waldes liegt, der 5-jährige Golden Retriever der Rettungshundestaffel der Berufsfeuerwehr nimmt sofort Witterung auf, schaltet mit seiner Nase den inneren Kompass ein und holt die Spezies Mensch aus ihrem tiefen Jammertal, tot oder lebendig. Seit gut zwei Jahren ist Dumbo Mitglied einer vierpfotigen Elite-Einheit, der Rettungshundestaffel der Duisburger Berufsfeuerwehr, die sich jetzt unter dem Dach eines Vereines namens I.S.A.R. (International Search and Rescue) auch die Einsatzberechtigung für Katastrophenlagen außerhalb Deutschlands erarbeitet hat. Der Feuerwehrmann Uwe Becker (44) ist ihr Chef - sonst ist er der stellvertretende Leiter der Feuerwehrschule.
Ohne Hund aber mit Hundeverstand
"Ein Leiter der Rettungshundestaffel", erzählt er, "führt selbst keinen Hund." Nanu, das ist ja merkwürdig, sagte er nicht gerade, dass Dumbo sein Hund sei? Nein, der gehöre seiner Frau, Astrid (37), Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Ein Leiter müsse im Einsatzfall alle Hände und den Kopf frei haben, könne keinen Hund zur Seite haben. So besitzt er zwar keinen Hund, aber unbedingt einen Hundeverstand für eine Einheit, die so erst seit gut zwei Jahren existiert.
Jetzt vor ein paar Wochen hatten sie in Duisburg einen Einsatz: Gesucht wurde ein 12-jähriger Junge, ein amerikanischer Gastschüler, der nicht schwimmen konnte und der irgendwie an der Wasserskianlage Wedau ins Wasser geraten und ertrunken ist. Ein Einsatz für Flash, auch ein Retriever und Kumpel von Dumbo. Er gab den Tauchern mit seiner Nase den Tipp, wo sie suchen sollen. Dass sie das Kind am Grund des trüben Sees nicht finden konnten, lag am Auftrieb des toten Körpers, nicht aber am Spürsinn des Hundes.
Vier Hunde und drei Tonnen Material
Vier Hunde, so berichtet Becker, und drei Tonnen Material müsse man für sein taktisches Konzept einsatzfähig haben, um international tätig werden zu können. Sechs Stunden, nachdem das UN-Koordinierungsbüro für Humanitäre Hilfe das Team angefordert hat, muss es im Flugzeug sitzen, 72 Stunden nach dem Unglücksereignis - und sei es ein Erdbeben in der Mongolei oder in Armenien - muss die verschüttete Person ausgebuddelt sein. Sonst sucht man nur noch Leichen. Das heißt: Uwe Becker und sein Team müssen schnell sein, fit sein und vor allem immer bereit sein. Einen großen internationalen Einsatz haben sie als "ISAR" noch nicht gehabt, aber sie sind bereit und hoch motiviert. Sie erfüllen die Standards: Zehn Tage lang im Einsatzgebiet autark sein, eigener Strom, eigenes Essen, eigenes Wasser, sie haben elf Hunde, davon vier einsatzbereit, die nach Erbeben unter Häusertrümmern, auf dem Wasser oder in der Weite des Raumes suchen und schnüffeln können. Sie haben Horchgeräte und Minikameras zur Ortung. Sie haben Hydraulikpumpen und Hebekissen, sie können bergmännisch vorgehen bei der Suche. Sie haben einen eigenen Koch, einen eigenen Notarzt im Team, der das Opfer bis zur Übergabe an lokale Kräfte versorgt. Becker: "Wir sind gut gerüstet." Drei Tonnen Material, vier Hunde, rund 20 Feuerwehrleute bilden das Team.
Bitterer Wettlauf gegen die Uhr
Die Hunde und ihre Führer haben schon alle unter anderen Konstellationen an zahllosen Unglückereignissen in der Welt und in Deutschland geholfen und gerettet: 1997, die absichtlich herbeigeführte Gasexplosion eines Wohnhauses an der Krahestraße in Düsseldorf; 1999, zwei Erdbeben in der Türkei; ebenfalls 1999, das eingestürzte Dach des Homberger Jugendheims; 2000, die Explosion der Feuerwerk-Fabrik in Enschede; 2001, das große Erdbeben in Indien (Bhuj).
Diese Einsätze sind oft ein bitterer Wettlauf gegen die Uhr, gegen den Tod und gegen Organisationschaos. Becker: "Nach 15 Minuten Schnüffelsuche hat der Hund keine Puste mehr, zu heiß, zuviel Staub, zu viele Chemikalien drum herum. Dann muss er eine Stunde Pause machen." Es ist sein Beutetrieb, den Becker und seine Mannen und an den Tieren verschärfen; wenn sie die gesuchte Person, gewissermaßen die Beute, gefunden haben, dürfen sie hernach an einer "Wurst" aus Leder (keinesfalls an einer Leberwurst) kauen, zur Belohnung.
Trümmersuche nach Erdbeben, Flächensuche (Wald, Wiese) und Wassersuche (nicht zu tief, nicht fließend, nicht zu kalt darf das Wasser sein), das sind die Einsatzgebiete von Dumbo und Co. Geübt wird überall wo es Trümmer gibt, sagt Becker. Normalerweise auf einem definierten Trümmergrund des technischen Hilfswerks in Krefeld. Aber, und hier bekommt Becker ein schlitzohriges Grinsen, sie hoffen doch sehr auf baldigen Abriss der Mercatorhalle. Das sei bestes Trümmergelände für Rettungshunde. Oh weh, Mercatorhalle, wenn Dumbo kommt. Dann ist dein Ende da. Doch wir wissen jetzt, das kann noch dauern.
_________________ Hunde haben alle guten Eigenschaften
der Menschen,
ohne gleichzeitig
ihre Fehler zu besitzen!
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