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19.11.2024, 08:39 |
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Beim Tierzahnarzt Verfasst am: 07.11.2016, 10:03 |
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Interview mit Dr. med. vet. Stefan Nefen/ Düsseldorf
Fachtierarzt für Tierzahnheilkunde
Wie kam es, dass die Tierzahnheilkunde Ihr besonders Interesse geweckt hat?
Dr. Stefan Nefen:
Ich hatte das Glück auf meiner ersten Assistentenstelle für die Narkoseführung bei einem Kollegen eingeteilt zu werden, der die Zahnheilkunde als Spezialgebiet betrieb. Ich fand dieses Fachgebiet von Anfang an faszinierend und übernahm im Laufe der Zeit immer mehr Tätigkeiten der eigentlichen Zahnbehandlung und wurde schließlich selber zum Spezialisten ausgebildet.
Welches ist das häufigste Problem, wenn Zahnprobleme auftreten?
Dr. Stefan Nefen:
Das hängt von Tierart zu Tierart und auch von dem Alter des Patienten ab. Bei Katzen ist eine Erkrankung mit der Bezeichnung FORL ein großes Problem, bei dem die Zähne von der Wurzel beginnend aufgelöst werden und so zu Zahnverlust und auch zu Zahnfleischentzündungen führen. Daneben ist mit Sicherheit auch die Zahnsteinbildung ein weiteres Problem. Bei Hunden kommen sehr früh Störungen beim Zahnwechsel und Zahnfehlstellungen vor, danach sind die Probleme eher Rasse- und Körpergrößenabhängig unterschiedlich. Kleine Rassen mit kurzer Schnauze neigen sehr stark zu Zahnsteinbildung und Parodontose mit Zahnausfall, große Rassen mit mittlerer oder langer Schnauze werden öfter mit Zahnverletzungen durch Kauen auf harten Gegenständen oder Verletzung bei Sport und Toben vorgestellt.
Warum ist das Polieren nach einer Zahnsanierung so wichtig?
Dr. Stefan Nefen:
Bei der Zahnsteinbehandlung werden die an der Zahnoberfläche fest anhaftenden Beläge mit mechanischen Handwerkzeugen oder Ultraschallgerät von der Schmelzschicht des Zahnes abgetrennt. Dabei entstehen mikroskopisch kleine Riefen und Unebenheiten in der Schmelzschicht der Zahnoberfläche. Unbehandelt können sich in diesen Vertiefungen neuer Bakterienrasen (Plaque) deutlich schneller ansammeln, was in der Folge zu noch schnellerer Zahnsteinbildung führt. Durch das Polieren des Zahnschmelzes nach erfolgter Zahnsteinentfernung werden diese Unebenheiten geglättet und so die Anhaftung neuen Plaques verzögert. Daher ist eine Zahnsteinbehandlung ohne Kurznarkose – und damit ohne Politur – nicht effektiv genug.
Welches sind die häufigsten Probleme im Milchgebiss?
Dr. Stefan Nefen:
Die häufigsten Probleme des Milchgebisses sind Fehlstellungen und verzögerter Milchzahnausfall, durch den es auch zu Fehlstellungen des neuen (permanenten) Gebisses kommen kann. Daher müssen nicht ausgefallene Milchzähne spätestens dann gezogen werden, wenn der neue Zahn bereits sichtbar ist und der entsprechende Milchzahn dessen Platz blockiert. Oftmals unterschätzt werden auch Verletzungen der Milchzähne, bei denen der Wurzelkanal eröffnet ist. Dies ist ein großes Infektionsrisiko für den neuen Zahn, der sich an der Wurzelspitze des Milchzahnes bildet. Bakterien können durch den offenen Wurzelkanal des Milchzahnes bis zum Zahnkeim des neuen Zahnes vordringen und diesen schädigen. Das oftmals genannte Argument, das der beschädigte Milchzahn nicht behandelt oder gezogen werden muss da er ja ohnehin in kürze ausfällt kann zu einem dauerhaft geschädigten neuen Zahn führen.
Häufig sieht man Hunde mit bräunlich verfärbten Zähnen – dem umgangsprachlichen Staupegebiss – woher kommt dieses Problem?
Dr. Stefan Nefen:
Das sogenannte Staupegebiss ist eine Folge einer Infektion der Zahnkeime während der Bildungsphase der Zähne. Während dieser Bildungsphase sind die schmelzbildenden Zellen sehr empfindlich und können durch Befall mit verschiedenen Viren oder Bakterien geschädigt oder gar zerstört werden. Dadurch wird die Zahnschmelzproduktion gestört und es kommt zur Bildung von qualitativ minderwertigem Zahnschmelz, der der Kaubelastung nicht standhält und abplatzt oder auch zu bereits von Anfang an bestehenden Defekten in der Schmelzschicht. Das unter der Schmelzschicht befindliche Zahnbein ist dadurch ungeschützt und nimmt sehr schnell eine braune Verfärbung an. In der Folge ist das Zahnbein äußeren Einflüssen stark ausgesetzt und neigt dadurch zu Spätschäden wie Karies und Abstreben der Zahnwurzel. Diese Schäden werden übrigens nicht nur durch Staupeviren verursacht, auch andere Erreger können dies auslösen.
Ist Karies bei Hunden auch ein Problem?
Dr. Stefan Nefen:
Bei gesunden, normalen Zahnverhältnissen ist Karies nur ein sehr geringes Problem. Weniger als 5 % der Hunde weisen im Laufe Ihres Lebens einmal Probleme mit der Karies auf. Dabei ist die Verteilung innerhalb des Gebisses sehr auffällig. Fast immer sind die oberen Backenzähne betroffen, deutlich weniger auch die unteren. Die Behandlung der Karies verläuft übrigens genauso wie beim Menschen, Plombieren oder Extraktion bei zu stark geschädigtem Zahn.
Sind Zahnspangen bei Hunden möglich?
Dr. Stefan Nefen:
Zahnspangen werden auch beim Hund eingesetzt, allerdings weniger aus ästhetischen Gründen sonder eher aus medizinischer Notwendigkeit. Hunde haben ein sogenanntes Scherengebiss, sowohl im Schneidezahn– als auch im Backenzahnbereich und vor allem an den großen Eckzähnen, den Fangzähnen. Die Zähne gleiten haarscharf aneinander vorbei wenn der Hund sein Maul schließt. Liegt bei einem Hund allerdings eine Zahnfehlstellung vor können die Zähne aufeinandertreffen oder im Falle der Fangzähne auch den Gaumen perforieren und dort schwere Schäden anrichten. Aus diesem Grund werden die fehlgestellten Zähne mit Hilfe von Spangen, Brackets und Gummizügen oder Aufbissschienen korrigiert.
Sind Implantate bei Hunden möglich?
Dr. Stefan Nefen:
Technisch sind Implantate bei Hunden möglich, allerdings wird dies nur sehr selten durchgeführt. Neben den doch teilweise sehr hohen Druckbelastungen ist oftmals die mangelnde Hygiene des Implantates und des umgebenden Gewebes ein nicht zu beherrschendes Problem.
Gibt es Hunderassen, die prädisponiert sind mit Kieferfehlstellungen geboren zu werden?
Dr. Stefan Nefen:
Es gibt viele Hunderassen, bei denen eine Kieferfehlstellung zum Rassestandard gehört. So sind z. Bsp. Boxer, Pekinese und Shi Tsu mit einer ausgeprägten Verkürzung des Unter- und Oberkiefer ausgestattet, die wir Tiermediziner als eindeutige anatomische Fehlstellung klassifizieren, diese aber von den Zuchtverbänden gefordert wird. Daneben gibt es immer wieder bei den mittellangen und langschnauzigen Hunderassen Fälle bei denen der Unterkiefer deutlich zu kurz ausgeprägt ist. Auch hier kommt es dann zu Komplikationen mit der Zahnstellung und daraus folgenden Verletzungen die durch kieferorthopädische oder chirurgische Maßnahmen behoben werden müssen. Erwähnenswert ist hier die Rasse Sheltie, bei der in ungewöhnlich hoher Anzahl eine Verlagerung des Oberkieferfangzahns nach vorne zu beobachten ist, ein sogenannter Lanzenzahn.
Wie sieht die optimale Zahnpflege aus?
Dr. Stefan Nefen:
Die optimale Zahnpflege besteht wie beim Menschen aus der Reinigung der Zahnoberflächen und der damit verbundenen Entfernung der bakteriellen Plaque. Bei Hunderassen mit langer Schnauze stehen die Zähne weiter auseinander und sind so leichter dem sogenannten Selbstreinigungseffekt zugänglich. Dabei werden die Zähne durch Zungenspiel, Lefzenbewegung und Speichelfluss bereits grob gereinigt, auch vermehrte Kautätigkeit führt zu einem gewissen Abrieb der Plaque. Aus diesem Grund haben Hunderassen mit langer Schnauze und ausreichender Kautätigkeit deutlich weniger Probleme mit Zahnsteinbildung. Aber auch der Hundehalter kann zu einer deutlich verringerten Zahnsteinbildung beitragen indem die Zähne einmal täglich mithilfe einer Bürste oder einem weichen Tuch gereinigt werden. Dabei können auch Hilfsmittel wie Hundezahnpasta unterstützend eingesetzt werden. Darüber hinaus gibt es auch Futterzusätze wie Algenextrakte die einer Plaquebildung entgegenwirken. Es muss aber betont werden, dass all diese Maßnahmen nur dazu führen können die Zahnsteinbildung zu vermindern, eine vollständige Verhinderung ist nicht möglich. In meinen Beratungsgesprächen weise ich immer daraufhin das auch die Besitzer selber immer wieder zum Zahnarzt gehen und sich Zahnstein entfernen lassen müssen, auch wenn sie regelmäßig die Zähne putzen.
Dr. Stefan Nefen ist Mitglied bei:
Bundesverband Praktischer Tierärzte BPT
European Veterinary Dental Society EVDS
Akademie für Tiergesundheit e.V. - AFT
Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft - DVG
Deutsche Gesellschaft für Tierzahnheilkunde - DGTz
Kontaktdaten:
Himmelgeisterstraße 17
40225 Düsseldorf
Telefon 0049 (0)211 - 337110
www.zahnarzt-fuer-tiere.de
Termine nur nach Vereinbarung
Photos: Dr. Stefan Nefen
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