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Übersicht » Hundekrankheiten |
24.11.2024, 23:29 |
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HD Verfasst am: 11.03.2007, 16:41 |
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grau
Schreckgespenst HD
Viel wurde in den letzten Jahren über die „Hüftgelenkdysplasie des Hundes“ von Experten und solchen, die es gerne wären, geschrieben und geredet.
Dieser Beitrag soll deshalb weder Wunderheilungen prophezeien, noch rosarote Prognosen stellen, sondern einfach nur eine Bilanz des Ist-Standes ziehen.
Beginnen wir deshalb mit der einfachen Frage: Was ist das eigentlich, HD oder Hüftgelenkdysplasie?
Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk. Die Gelenkpfanne (Azetabulum) des Hüftgelenks umschließt den Oberschenkelkopf (Femurkopf) zur Hälfte. Die Beckenpfanne trägt als Gleitfläche für den Oberschenkelkopf eine halbmondförmige, nach unten geöffnete Gelenkknorpelfläche, die im Zentrum eine knorpelfreie Fläche umschließt. Der dicht anliegende Oberschenkelkopf ist von Gelenkknorpel bedeckt, der sich mit einem deutlichen Absatz vom Oberschenkelhals absetzt. Kopf und Pfanne sind durch das Oberschenkelkopfband verbunden, das vom Oberschenkelkopf zur knorpelfreien Fläche in der Beckenpfanne zieht. Abgeschlossen wird das Hüftgelenk durch die Gelenkkapsel.
Die Entwicklung der Beckenpfanne ist infolge des komplizierten Aufbaus aus den Anteilen der drei Beckenknochen störanfälliger als der Oberschenkelkopf. Deshalb entsteht die Dysplasie des Hüftgelenks zunächst als Fehlgestaltung der Beckenpfanne. Sie ergibt sich aus dem ungleichmäßigen Wachstum der drei an der Bildung der Pfanne beteiligten Beckenknochen. Die Beckenpfanne ist weniger tief und umfasst den normal entwickelten Oberschenkelkopf weniger als zur Hälfte. Dadurch kann der Gelenkkopf nicht mehr sicher in der Gelenkpfanne gehalten werden. Entsprechend der instabilen Lage des Kopfes in der Pfanne ist der Gelenkspalt zwischen den Gelenkflächen von Pfanne und Kopf nicht gleichmäßig eng, so dass der Oberschenkelkopf ungleichmäßig belastet wird. Da die zuerst fehlgestaltete Hüftgelenkspfanne den Oberschenkelkopf nur noch zu einem kleineren Teil umfasst, wird der Gelenkknorpel des Kopfes nicht gleichmäßig belastet und wächst beim Junghund unregelmäßig, so dass sich im Anschluss an die Dysplasie der Gelenkpfanne auch der Oberschenkelkopf verformt.
Das verstärkt die Instabilität im Hüftgelenk. Die abgeflachte Beckenpfanne gibt dem verformten Oberschenkelkopf so wenig Halt, dass er aus der Gelenkpfanne gleitet und den oberen Pfannenrand mehr oder weniger überragt, so dass sich die Gelenkflächen von Kopf und Pfanne nur noch teilweise berühren (Subluxation). Die Entfernung des Gelenkkopfs aus der Pfanne kann anhaltend oder vorübergehend und sich wiederholend sein. Entsprechend der vorausgegangenen Fehlentwicklung der Gelenkpfanne mit nachfolgender Fehlentwicklung des Oberschenkelkopfs wird die Subluxation erst beim älteren Junghund oder erwachsenen Hund beobachtet.
Die klinischen Erscheinungen der Hüftgelenksdysplasie wechseln sehr stark und sind nicht immer mit dem Schweregrad der Gelenkveränderungen korreliert. Störungen der Gelenkbeweglichkeit ergeben sich aus der Inkongruenz zwischen Beckenpfanne und Gelenkkopf und stellen sich überwiegend als Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk dar. Schmerzen, die sich meist als Lahmheit äußernd, entstehen akut aus Dehnung, Zerrung oder Einrissen der Gelenkkapsel oder deren Ansätzen am Knochen. Gelenkkopf, Gelenkknorpel oder Gelenkpfanne sind schmerzunempfindlich, da sie keine sensiblen Nerven enthalten.
Die HD ist eine bei allen Hunderassen vorkommende Erkrankung. Besonders häufig tritt sie bei großwüchsigen Tieren auf. Sie wird von den Rassehundeverbänden durch Zuchtselektion bekämpft. Sie äußert sich klinisch in einer chronisch deformierten Arthrose des Hüftgelenks und wird als erbliche Krankheit mit polyfaktoriellem Erbgang bezeichnet. Das heißt, neben der Anlage zur Ausbildung der Krankheit kommen weitere Faktoren hinzu. Diese können haltungs- und medikamentell bedingt sowie fütterungsabhängig sein.
Eine praxisreife Frühdiagnostik gibt es zur Zeit noch nicht, so dass der verantwortungsvolle Züchter oder Besitzer eines Junghundes als erstes versuchen muss, sich über die genetischen Voraussetzungen ein Bild zu machen.
Hierbei ist es wichtig, sich vor dem Kauf eines Welpen über das Ergebnis der HD-Untersuchung der Elterntiere und weiterer Vorfahren zu informieren. Je mehr Generationen keine oder geringe HD aufweisen, um so größer ist die Chance, einen hüftgelenksgesunden Hund zu erhalten.
Nach dieser unbedingt zu treffenden Vorauswahl kommt nun der ca. 8 bis 12 Wochen alte Welpe in seine neue Umgebung. Natürlich soll er die besten Voraussetzungen für die seelische und körperliche Entwicklung bekommen, erst recht, wenn man mit ihm später Hundesport betreiben will. Gutgemeinte und oft sich widersprechende Fütterungsempfehlungen bringen die erste Unsicherheit mit sich. Das Angebot an Futtermitteln ist vielfältig. Die Gefahr, aus Tierliebe seinen Hund zu einseitig nur mit Fleisch und Innereien oder zu vielseitig mit verschiedenen Leckereien und Essensresten zu füttern, ist groß. Dadurch kommt es leicht zu einer nicht ausgewogenen Zufuhr von Vitaminen, Kalzium und Phosphor. Hunde sollen eine an Mineralstoffen, Vitaminen, Eiweiß, Fett, Kohlenhydraten und Energie ausgewogene Fertignahrung in restriktiven Mengen erhalten.
Man muss sich aber immer vor Augen führen, dass unsere Hunde bis zu einem Alter von 8 bis 9 Monaten in kurzer Zeit eine Entwicklung durchmachen, die vergleichbar ist mit der Entwicklung eines Menschen in den ersten 12 bis 14 Lebensjahren. Da die Muskelbildung und Festigkeit der Gelenke in dieser Altersphase zugunsten des Längenwachstums zurückgeblieben sind, fällt auf, dass Jungtiere oft einen geringgradig schwankenden Gang oder Aufstehschwierigkeiten aufweisen. Mit zunehmender Muskelbildung verlieren sich diese Symptome jedoch mit 11 bis 15 Monaten, je nach Größe und Rasse.
HD-verdächtige Tiere stehen sehr bodeneng, bewegen sich häufig beim schnellen Laufen hoppelnd wie ein Hase und meiden steile Treppen oder den Sprung ins Auto. Sind diese Symptome stark ausgebildet, empfiehlt es sich, rechtzeitig einen Tierarzt zur HD-Untersuchung aufzusuchen. Die endgültige Untersuchung, ob eine Hüftgelenksdysplasie vorliegt und welchen Grades, kann aber erst beim ausgewachsenen Tier im Alter von 12 bis 18 Monaten vorgenommen werden. Hierzu sei allen Hundebesitzern geraten, auch wenn sie nicht vorhaben zu züchten.
Die Beschwerden und Krankheitsanzeichen der HD sind vielgestaltig: Sie reichen von einer nur wenig verminderten Belastungsfähigkeit des betroffenen Hundes bis hin zu schweren Verkrüppelungen durch chronische Degeneration mit Entzündungsschüben. Andere typische Symptome sind: Zögerlichkeit oder Unfähigkeit Treppen hinauf oder herab zu steigen, erschwertes Aufstehen aus sitzender oder liegender Haltung, eine hoppelnde Gangart beim schnelleren Lauf, Lahmheit nach Anstrengung, wackelige Gangart, klickende Geräusche beim Gehen und andere. Manche Hunde verlagern ihren Körpermittelpunkt nach vorne, um so die Hüften vom Gewicht und dem Druck zu entlasten. Der Vorderkörper solcher Hunde erscheint im Vergleich zum hinteren Körperbereich deutlich besser entwickelt.
Grundsätzlich gilt: Die Hüftgelenke sind die Schwachstellen der betroffenen Hunde und können auch schon bei normaler Aktivität leichter als gewöhnlich verletzt werden (z.B. durch einen Sprung vom Sofa oder ein etwas rauheres Herumtollen mit Spielkameraden).
HD ist immer noch eine häufige Erkrankung und bei fast allen Rassen anzutreffen. In einem von der Gesellschaft zur Förderung Kynologischer Forschung (GKF) betreuten Projekt der Universität Zürich (Dr. Mark Flückiger, Zürich: Radiologische Diagnostik der Hüftgelenksdysplasie beim Hund) wird festgestellt: Die HD-Frequenz innerhalb der Rassen schwankt zwischen 7% und 69%. Im Durchschnitt liegt sie bei rund 40%. An mittel- bis hochgradiger HD leiden immerhin noch 15% aller untersuchten Hunde. Trotz Selektion aufgrund von radiologisch fassbaren Veränderungen sind die Erfolge der HD-Bekämpfung in den vergangenen 25 Jahren recht ernüchternd. Bei fast allen Rassen ist es zwar zu einem Rückgang des Anteiles mittlerer und schwerer HD gekommen. Eine namhafte Zunahme an dysplasiefreien Tieren ist aber nicht zu verzeichnen. So lässt sich die abnorme Lockerheit der Hüftgelenke, die als wesentlichstes Merkmal der HD erachtet wird, mit der momentan verwendeten Aufnahmetechnik nicht zuverlässig erfassen.
Bei der HD-Beurteilung wird in Westeuropa, mit Ausnahme von England, das Modell der FCI verwendet. Beurteilt werden Ausmaß der Subluxation und der arthrotischen Veränderungen an Pfanne und Kopf. Es werden 5 HD-Grade von A (normal) bis E (hochgradige HD) unterschieden. In England findet ein schematisiertes Interpretationssystem Anwendung. Dabei werden 9 verschiedenen Merkmalen je nach Schweregrad der Veränderungen 0 bis 6 Punkte zugeordnet. Die Punktesumme aus allen Merkmalen widerspiegelt den Schweregrad der HD. In den USA werden 7 HD-Grade unterschieden (exzellent, good, fair, border line, mild, moderate, severe).
Die HD-Behandlung unterteilt sich in die konventionelle Therapie (z.B. mit Bewegungsbeschränkung oder Schmerzmittelgabe) und chirurgische Eingriffe. Da es unmöglich ist, die definitiv sichere Diagnose einer HD allein anhand äußerer Erscheinungen oder tierärztlicher Tastuntersuchung der Gelenke oder ähnlichem zu stellen, muss geröntgt werden. Eine intensive Untersuchung und korrekte Diagnose zahlt sich im Interesse des erkrankten Hundes in jedem Fall aus. Da die HD ja eine polygen vererbte Eigenschaft ist, kann das in Erscheinung tretende Beschwerdebild in weitem Rahmen variieren. Bei manchen Hunden merkt man so gut wie gar nicht, dass sie an HD erkrankt sind. Andere haben mehr Schmerzen, aber ihre Beschwerden können leicht durch angemessene Übungen und durch umsichtigen Umgang mit Schmerzmitteln (unter Anleitung eines Tierarztes!) kontrolliert werden. Betroffene Hunde sollten von jeder Art Springen und sonstiger plötzlicher Gelenkbelastung abgehalten werden. Allerdings gilt auch, dass ein kräftiger Muskelaufbau – besonders in der Umgebung der Gelenke – den Druck auf die Gelenke und damit die Beschwerden des Hundes vermindern kann. Regelmäßiges Training ist deswegen im allgemeinen auch empfehlenswert. Dabei steht Schwimmen an allererster Stelle, da es bei geringster Gelenkbelastung die stärkste muskelaufbauende Wirkung hat.
Die Hüftgelenksdysplasie ist zweifellos eine überwiegend genetisch bedingte Erkrankung. Die Ernährung des Junghundes in den ersten Lebensmonaten kann aber die Ausprägung von Veränderungen im Hüftgelenk beeinflussen, wobei oft weniger ein einzelnes Gelenk, sondern vielmehr das gesamte Skelettsystem, d.h. Knochen, Gelenke und Bänder betroffen sind. Die Fütterung des Junghundes muss in besonderer Weise auf den Nährstoffbedarf des wachsenden Organismus eingestellt werden. Eine zu hohe Energieaufnahme hat große Bedeutung für die Entstehung von Skeletterkrankungen. Dieses Problem tritt vorwiegend dann auf, wenn die Tiere soviel Futter aufnehmen können, wie sie mögen. Es gibt besonders gute „Fresser“ oder „Futterverwerter“ selbst in einem einheitlichen Wurf, die gegenüber den Wurfgeschwistern eine schnellere Gewichtsentwicklung zeigen. Diese Tiere sind in besonderem Maße gefährdet, bei ihnen kann es zu einer Überlastung der noch nicht genügend ausgereiften Knochen, Gelenke und Sehnen kommen. Die meisten Skeletterkrankungen treten ja bei großen und schnellwüchsigen Hunderassen auf, bei denen der Bewegungsapparat in besonderer Weise Belastungen unterworfen ist. Dazu tragen auch die stärkeren Muskelkräfte bei, die sich infolge einer Wachstumsbeschleunigung nach hoher Energiezufuhr entwickeln. Insbesondere scheinen schnellwüchsige Rüden stärker zu Skelettveränderungen zu neigen. Eine überhöhte Energiezufuhr führt auch zu hormonellen Umstellungen im Organismus, die den Stoffwechsel dieser empfindlichen Teile des Skeletts beeinträchtigen und sie anfälliger werden lassen gegenüber einer Überbelastung.
Führt nun aber eine geringere Energiezufuhr tatsächlich zu einer Verringerung des Auftretens oder dem Schweregrad der Hüftgelenksdysplasie?
Nachweislich konnte bei Hunden, die weniger intensiv aufgezogen werden, eine Verringerung von Knochen- und Gelenkproblemen einschließlich der HD beobachtet werden. Wichtig ist, dass eine langsamere Wachstumsgeschwindigkeit in den ersten 6 – 8 Lebensmonaten von entscheidender Bedeutung ist (wovon die endgültige Größe des ausgewachsenen Hundes nicht beeinflusst wird). Beim Junghund sollten die Rippen sowie die Dornfortsätze der Wirbelsäule nicht unter einem Fettpolster verschwinden, sondern deutlich tastbar sein. Eine moderate Aufzuchtintensität bedeutet allerdings nicht, dass Jungtiere in ihrer Wachstumsphase hungern sollen! Hier ist das Fingerspitzengefühl des Hundehalters gefordert.
Die optimale Versorgung mit spezifischen Nährstoffen, z.B. mit Hokamix30 Gelenk+, ist neben der richtigen Energieversorgung der zweite wesentliche Faktor, der für eine optimale Entwicklung des Skelettsystems gefordert ist. Wichtig ist neben ausreichenden Gehalten im Futter (als Richtwerte etwa 1-1,4 % Kalzium, 0,8-1,2 % Phosphor), dass ein Kalzium-Phosphor-Verhältnis von über 1:1 eingehalten wird. Auch die noch oft verbreitete Fütterung junger Hunde mit „Futterkalk“ als Zusatz zu einer Fertignahrung hat keineswegs eine schützende Wirkung gegen die HD, im Gegenteil, es kann gerade dadurch zu schweren Wachstumsstörungen des Skeletts kommen. Die Absorption von Spurenelementen (Kupfer, Zink) kann gestört werden, auch sind Rückwirkungen auf den Hormonhaushalt des Organismus bekannt. Als Schluss¬folgerung ergibt sich für die Fütterung insbesondere großwüchsiger Hunde¬rassen, dass sowohl eine Energieüberversorgung als auch eine unausgewogene Futtermischung die HD sowie andere Skeletterkrankungen begünstigen können. Züchterische Maßnahmen werden dadurch allerdings nicht überflüssig – das Gegenteil ist der Fall!
Die Hüftgelenksdysplasie (HD) des Hundes ist kein Todesurteil für die betroffenen Tiere. Sie können zwar nicht geheilt werden, aber eine weitgehende Schmerz- und Beschwerdefreiheit ist möglich. Nicht zuletzt spielt hierbei die artgerechte Ernährung des Hundes mit einer qualitativ hochwertigen Vollnahrung eine wichtige Rolle.
H.-J. Swarovsky
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