Bringt der Pitbull-Prozess Gerechtigkeit?

Christa · Verfasst am: 16.12.2006, 10:31 Titel: Bringt der Pitbull-Prozess Gerechtigkeit?

ZÜRICH – Am Montag beginnt in Zürich der Prozess des Jahres: gegen Morris Domenico Castellarin, dessen drei Pitbulls am 1. Dezember vor einem Jahr den kleinen Süleyman zerfleischten.
Und schon jetzt ist klar: Dieser Prozess wird das Rechtsempfinden vieler Menschen verletzen. 30 Monate hat die Staatsanwaltschaft gefordert. Für fahrlässige Tötung.

Das Urteil kann auch darunter bleiben. Castellarin sitzt schon im vorzeitigen Strafvollzug. Und wenn die Verteidigung raffiniert genug ist, läuft Castellarin bald wieder frei herum.

Unfassbar: Dabei wäre das Unglück zu vermeiden gewesen, wie Recherchen von «10vor10» ergaben. Denn vor seiner Bleibe in Oberglatt ZH hatte sich Castellarin in 10 Gemeinden aufgehalten. Und in sämtlichen Gemeinden, ohne Ausnahme (!), musste die Polizei ausrücken: Weil Castellarin seine Hunde nicht im Griff hatte! Oder entsprechende Auflagen der Behörden nicht befolgte!

Beispiele gefällig? Nur zwei Monate, bevor Süleyman starb, hielt die Zürcher Stadtpolizei schriftlich fest: Domenico habe seine Hunde nicht im Griff. Nur wenige Tage vor der Katastrophe baute Castellarin einen Autounfall: Zu Dritt musste die Polizei ausrücken, um trotz den entfesselten Pitbulls den Unfall aufnehmen zu können!

Skandal: Nach all dem hätten die Behörden schon gemäss geltendem Recht eingreifen müssen. Auch ohne Anzeige! Warum sie das nicht taten – ist ein Rätsel. Und in diesem Prozess bleibt es auch eins. Denn das Verhalten der Behörden steht nicht zur Diskussion.

Bleibt die Frage des Strafmasses. 30 Monate. Dazu kann Vater Bekir Yildirim nur sagen: «Das darf einfach nicht sein.» Damit dürfte er kaum allein sein.

Doch das wird die Richter nicht kümmern. Es geht nur um fahrlässige Tötung. Die Maximalstrafe ist 3 Jahre. 30 Monate liegen sogar schon im oberen Bereich, sagt der Zürcher Strafrechtsprofessor Daniel Jositsch. Nur bei Fahrlässigkeit mit Eventualvorsatz, wie es im Juristendeutsch heisst, also wenn etwas nicht rein «aus Versehen» passiert. Sondern so, dass der Schuldige hätte wissen müssen, was passieren kann, wenn, wie in diesem Fall, die Pitbulls loshetzen. Warum hier nicht dieser Eventualvorsatz zum Zug kommt, auch das ist schwer zu verstehen. Gerade weil doch die Behörden wussten, wie gefährlich diese Hunde waren.

Nach der neuen Strafrechtsreform sind bedingte Strafen bis zwei Jahren möglich statt wie bis anhin bis 18 Monate. Auch das verbessert die Chancen für Castellarin, wenn er den Prozess weiterzieht, bald wieder als freier Mann unter uns zu sein.

Professor Jositsch ist sich bewusst, dass kaum jemand diese Nachsicht gegenüber einem derart verantwortungslosen Menschen wie Castellarin als gerecht empfinden kann. Ändern kann er nichts. Warum gilt ein Menschenleben so wenig?

Google Anzeigen

Diana of Ivy Garden · Verfasst am: 16.12.2006, 10:39 Titel:

Hallo Christa,

da bin ich wieder einmal fassungslos Weinen

.

Da fehlen einem einfach die Worte und selbst wenn man welche hätte,
könnte man damit einfach nichts ausrichten.

Entsetzte & enttäuschte Grüße

Diana